Elbe-Elster

Neue Impulse durch kommunales Bildungsmanagement                          

Der Landkreis Elbe-Elster deutschlandweit am meisten aus seinen Möglichkeiten im Bereich der Weiterbildung. Auf Basis von Daten aus dem Jahr 2012 liegt die Weiterbildungsteilnahme das Doppelte über der Quote, die statistisch aufgrund der regionalen Strukturdaten zu erwarten wäre. Das ist ein ebenso überraschendes Ergebnis wie auch ein großer Erfolg. Doch woher kommt diese hohe Beteiligung? Daten, Fakten und Experten-Einschätzungen sollen helfen, diese Frage zu klären.

33 Gemeinden im Dreiländer-Eck mit Sachsen und Sachsen-Anhalt: Das ist der Landkreis Elbe-Elster in Brandenburg. Eine Region wie eine Insel. Im Schnitt  braucht es über eine halbe Stunde (37 Minuten), um die nächste Autobahn zu erreichen, über eine Stunde (71 Minuten) sogar bis zum nächsten Oberzentrum – deutlich länger als im Landes- und Bundesdurchschnitt. Hinsichtlich der Mittelzentren sieht die Situation allerdings etwas besser aus: Diese erreicht man mit dem Auto in rund elf Minuten, und damit so schnell wie in anderen Kommunen Deutschlands.


Überalterung und Abwanderung – Elbe-Elster verliert Arbeitskräfte

Rund 106.000 Einwohner verzeichnete der Landkreis Elbe-Elster im Jahr 2013. Das sind 9,7 Prozent weniger als noch im Jahr 2007. Für den ohnehin sehr dünn besiedelten Landkreis ist das ein enormer Rückgang, auch im Landes- und Bundesvergleich (-3,4/-1,8 Prozent). Besonders auffällig: Die Gruppe der 18- bis 25-Jährigen schrumpfte von neun auf fünf Prozent, der Anteil der 30- bis unter 50-Jährigen (üblicherweise die Altersgruppe mit der höchsten Weiterbildungsaffinität) sank von 29 auf 26 Prozent. 2011 lag das Durchschnittsalter im Landkreis mit 47,1 Jahren um 3,8 Jahre über dem Bundesdurchschnitt.

Die Hälfte der Bevölkerung in Elbe-Elster hat einen mittleren Schulabschluss. Das ist fast doppelt so viel wie auf Bundesebene und lässt sich zum Teil auf das Bildungssystem der DDR zurückführen. Es haben auch verhältnismäßig viele Bewohner einen Berufsabschluss des Dualen Systems. Hochschulabsolventen sind mit 4,4 Prozent dagegen unterrepräsentiert (Bundesdurchschnitt 7,9 Prozent).

Die Bruttowertschöpfung in der Kommune stieg zwischen 2007 und 2012 um 15,3 Prozent. Das liegt deutlich über dem bundesweiten Durchschnittsplus von 9,6 Prozent. Den größten Anteil daran hatten Dienstleistungen, Gesundheit und Erziehung sowie das produzierende Gewerbe. Im selben Zeitraum sank die Arbeitslosenquote im Landkreis von 19,7 Prozent auf immer noch hohe 13,1 Prozent. Zum Vergleich: 2012 lag die Arbeitslosenquote in Deutschland bei 6,8 Prozent. Das verfügbare Einkommen pro Einwohner stieg zwischen 2007 und 2012 von 14.719 auf 16.872 Euro, der Bundesschnitt betrug zuletzt 20.507 Euro.

Dass der Landkreis Elbe-Elster mit der Gruppe der 18- bis 50-Jährigen ausgerechnet Menschen im besten Alter für eine Berufstätigkeit verloren hat, hat Konsequenzen für das theoretische Weiterbildungspotenzial: Für den Landkreis wäre eigentlich eine Teilnahmequote unter dem Durchschnitt zu erwarten. Tatsächlich liegt die Teilnahmequote aber um fast das Doppelte über diesem zu erwartenden Wert. Das weist darauf hin, dass ortsansässige Unternehmen ihren Personalbedarf offensichtlich durch die Weiterbildung gering Qualifizierter oder Arbeitsloser decken. Die Weiterbildung von Personen mit eigentlich geringer Teilnahmewahrscheinlichkeit wirkt sich somit auf die Potenzialausschöpfung aus.


Überschaubare, aber gut gemanagte Weiterbildungsinfrastruktur

Die Weiterbildungsmöglichkeiten im Landkreis sind vergleichsweise überschaubar: Einziger kommunaler Träger in der öffentlichen Weiterbildung ist die Volkshochschule. Für Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung konnten die Bewohner von Elbe-Elster aus den Angeboten von privaten Anbietern, sowie Vereinen und Verbänden wählen. Eine wichtige Rolle für die außerordentlich hohe Weiterbildungsbeteiligung scheint das Programm „Lernen vor Ort“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung zu spielen.

Im Rahmen von „Lernen vor Ort“ entstanden unter anderem die Lenkungsgruppe Bildung, der Kommunale Steuerungskreis, das Kommunale Entwicklungsteam sowie Pläne für eine Bildungsberichterstattung. Jährliche Bildungskonferenzen sollen helfen, gemeinsame Bildungsziele im Netzwerk von Weiterbildungsanbietern, Kommunen und weiteren Akteuren abzugleichen. Gut aufgestellte Netzwerke, Kooperationen und transparente Angebote wirken sich positiv auf die Weiterbildungsbeteiligung aus. Das konnte auch der vergangene Weiterbildungsatlas zeigen. In Elbe-Elster haben diese Faktoren für neuen Schwung, neue Strukturen und die Weiterentwicklung bestehender Einrichtungen gesorgt.

 

Der Blick auf die Zahlen zeigt, dass die berufliche Fortbildung wohl einen großen Anteil an der hohen Weiterbildungsbeteiligung hat. Während die Teilnahmezahlen beim allgemein- und berufsbildenden VHS-Kursangebot zurückgegangen sind, stieg die Teilnahme an beruflicher Fortbildung für Arbeitslose und Beschäftigte deutlich an. Bildungsexperten aus der Region berichten allerdings aktuell wieder über eine sinkende Bildungsbereitschaft der Bevölkerung, gerade im Bereich der betrieblichen Fortbildungen. Zumindest ein Teil des Qualifizierungsbedarfs scheint also gedeckt zu sein.

Mit Blick auf die berufliche Weiterbildung zeigt sich aber auch ein gewisses Dilemma: Einerseits erfordern immer differenziertere Berufsbilder entsprechend vielfältige Weiterbildungsangebote, andererseits lassen sich solche Angebote – gerade vor dem Hintergrund sinkender Bevölkerungszahlen – immer schwieriger realisieren. Experten berichten, dass mittlerweile schon einige Weiterbildungen in der Kommune fehlen und die Teilnehmer in größere Städte ausweichen müssen. Die Erkenntnisse aus dem vorangegangenen Weiterbildungsatlas zeigen, dass sich durch diesen Umstand die Teilnahmequote verringern kann. Lange Anfahrtswege und ungünstige (öffentliche) Verkehrsanbindung hindern gerade Zielgruppen daran, Bildungsangebote wahrzunehmen.


Lernen vor Ort – erfolgreich, aber auch dauerhaft wirksam?

Projekte wie „Lernen vor Ort“ können wichtige Impulse für die Weiterbildungsbeteiligung geben. In Elbe-Elster hat das Programm dem Jobcenter, der Agentur für Arbeit sowie kommunalen und marktförmigen Bildungsanbietern neue Wege der Bildungsarbeit eröffnet. So hat Weiterbildung unerwartet viele Arbeitslose und Ungelernte erreicht.

 

Ob dies nur ein vorübergehender Effekt war oder der Schwung langfristig gehalten werden kann, werden Analysen der Folgejahre zeigen – gerade unter dem Aspekt einer schrumpfenden Bevölkerung und ungünstiger verkehrlicher Anbindungen zu Oberzentren.


Studie Deutscher Weiterbildungsatlas

Die Broschüre des Deutschen Weiterbildungsatlas bietet Ihnen alle zentralen Ergebnisse und Zusammenhänge in kompakter Form. Neben den Berichten mit der Einordnung der Ergebnisse, finden Sie hier alle wichtigen Karten und Grafiken. Darüber hinaus finden Sie hier auch die Kurzfassungen der Fallstudien sowie Ausführungen zur Methodik.
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Kapitel Fallstudien

Kurzfassung der Fallstudien aus dem zweiten Deutschen Weiterbildungsatlas (Auswertungszeitraum 2012/2013).
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