Niedrige und sinkende Weiterbildungsteilnahme – Die Teilnahme an Weiterbildungen im Mikrozensus

Die Teilnahmequote des Weiterbildungsatlas, die auf den Daten des Mikrozensus beruhen, fällt geringer aus als bei anderen Bevölkerungsbefragungen. Sie liegt mit zuletzt 12,3 Prozent (2013) beispielsweise deutlich unterhalb der etwa 50 Prozent, die auf Grundlage des sogenannten Adult Education Survey (AES) ermittelt werden. Für diese Unterschiede gibt es eine Reihe plausibler Gründe, die im Folgenden vorgestellt werden. Darüber hinaus zeigt sich bei der Veränderung der jeweiligen Quoten im Zeitverlauf, dass sie im Weiterbildungsatlas zuletzt gesunken, im AES allerdings gestiegen ist. Warum diese gegensätzlichen Trends auftreten, kann derzeit nur vermutet werden. So scheint dieser negative Trend sowohl einen tatsächlichen Rückgang bestimmter Weiterbildungsformate als auch eine Veränderung des Fragebogens abzubilden.

Wie viele Menschen nehmen in Deutschland an Weiterbildungen teil und sinkt oder steigt die Teilnahme? Diese Fragen werden für die gesamte Bevölkerung anhand von Bevölkerungsbefragungen beantwortet. Und das aus guten Gründen: Eine einheitliche Statistik über alle Weiterbildungsanbieter und deren Teilnehmer existiert nicht. Mit Bevölkerungsbefragungen kann allerdings auch ohne direkten Zugang zu diesen Daten gemessen werden, ob an Weiterbildungen teilgenommen wurde oder nicht. Die Teilnahmequoten, die auf Grundlage von Befragungen ermittelt werden, unterscheiden sich aber mitunter deutlich. So nahm im Jahr 2012 auf Grundlage des Mikrozensus, der dem Weiterbildungsatlas zugrunde liegt, etwa jeder Achte (12,3 Prozent) und auf Grundlage des Adult Education Survey (AES) etwa jeder zweite (50 Prozent) Einwohner an Weiterbildungen teil. Für diese Unterschiede gibt es eine Reihe plausibler Gründe, die im Folgenden kurz vorgestellt werden.

 


Die niedrigere Teilnahmequote: Unterschiede in der Altersgrenze und den abgefragten Weiterbildungen

Im Weiterbildungsatlas wird keine obere Altersgrenze gesetzt. Im Sinne des lebenslangen Lernens werden alle im Mikrozensus befragten Personen ab dem 25. Lebensjahr, und damit auch Senioren betrachtet. Die Teilnahme an Weiterbildungen fällt im höheren Alter im Mittel aber geringer aus als im erwerbsfähigen Alter. Im Vergleich zu Ergebnissen des AES, denen eine Stichprobe der 18- bis 64-Jährigen zugrunde liegt, ist dies bereits der erste Grund für die niedrigere Teilnahmequote des Weiterbildungsatlas. Darüber hinaus sind im Weiterbildungsatlas durch die Fragestellung des Mikrozensus vor allem „klassische“ Weiterbildungsformate abgebildet, also organisierte Kurse und Seminare. Der AES hingegen bildet beispielsweise auch „Unterweisungen am Arbeitsplatz“ mit ab, die von den Mikrozensus-Befragten unter Umständen nicht als Weiterbildungen angegeben würden. Dem AES liegt also ein breiteres Verständnis von Weiterbildungen zugrunde, was zu einer höheren Teilnahmequote führt.

Weitere Gründe für die im Verhältnis niedrigere Teilnahmequote betreffen die Befragungsthemen und die Proxy-Interviews im Mikrozensus. So kann davon ausgegangen werden, dass bei Befragungen wie dem AES, der im Wesentlichen eine Einthemenbefragung zur Bildung ist, die Erinnerung an den Bildungsverlauf und damit auch an vergangene Weiterbildungen gefördert wird. Bei Mehrthemenbefragungen wie dem Mikrozensus hingegen werden viele Aspekte zur Person abgefragt, sodass die Erinnerung an vergangene Weiterbildungen nicht durch das Befragungsthema gefördert wird. Auch die im Mikrozensus zulässigen Proxyinterviews (eine Dritte Person gibt Auskunft über die eigentlich zu befragende Person des Haushaltes) können zu einer Unterschätzung der Weiterbildungsteilnahme führen.

 


Der Rückgang der Teilnahmequote: Empirischer Befund und Effekt eines veränderten Fragebogens

Im AES zeigt sich von 2010 auf 2012 ein Anstieg der Teilnahmequote von 42 auf 49 Prozent. Im Weiterbildungsatlas, der auf dem Mikrozensus basiert, ist die Teilnahmequote hingegen im selben Zeitraum von 13,7 auf 12,6 Prozent gesunken. Durch die unterschiedliche Zusammensetzung der Stichproben ist dies nicht bedingt. Die Teilnahmequote ist im Mikrozensus über alle Altersgruppen in etwa gleichem Maße gesunken. Gerade der deutliche Einbruch zwischen 2011 auf 2012 (13,9 auf 12,6 Prozent) scheint zu einem gewissen Teil durch die Veränderung des Fragebogens bedingt. So rückte die Frage zur Weiterbildungsteilnahme zwischen diesen Jahren um 9 Seiten im Fragebogen nach hinten. Bei zunehmender Ermüdung im Laufe der Befragung kann davon ausgegangen werden, dass diese Verlegung der Frage zu einer geringeren Angabe vergangener Weiterbildungen (underreporting) und damit zu einem gewissen Rückgang der Quote führt.

Ein weiterer Grund für den Rückgang könnte eine deutliche Zunahme der Proxy-Interviews (2011 auf 2012) sein, bei denen Weiterbildungen mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit angegeben werden, als bei einer Auskunft von den Befragten selbst. Insgesamt scheinen sich hier empirische Befunde und Effekte der Befragung zu überschneiden: So gab es zwischen 2012 und 2013 keine deutliche Veränderung der Position der Frage und dem Anteil der Proxy-Interviews und dennoch sank die Teilnahmequote um 0,3 Prozentpunkte auf 12,3 Prozent.

Wichtig für das Hauptinteresse des Weiterbildungsatlas, die regionale Untersuchung der Weiterbildung: Es gibt kaum Gründe anzunehmen, dass sich die beschriebenen Effekte regional so stark unterscheiden, dass die regionalen Quoten verzerrt wären. Es kann somit angenommen werden, dass die regionalen Unterschiede bei Teilnahme an organisierten Weiterbildungen mit dem Mikrozensus adäquat gemessen werden können.